Beschreibung (Langtext)

Die Lutizen, eine Vereinigung slawischer Völkerschaften zwischen Elbe und Oder, wehrten sich seit dem ausgehenden 10. Jahrhundert vehement gegen die Christianisierung und mehr noch gegen damit verbundene sächsische Eroberungsversuche. Es ging dabei um lange Kämpfe zwischen Sachsen und Slawen sowie Erfolg und Miss­erfolg von Mission in (später) Mecklenburg, (Vor-)Pommern und Brandenburg.
Obwohl in den letzten Jahren immer wieder kleinere Aufsätze über die Geschichte der Lutizen verfasst worden sind, entstand die letzte monographische Arbeit vor fast sieben Jahrzehnten: das 1955 erschienene und 1983 unverändert neu aufgelegte Buch von Wolfgang Brüske.
Nicht nur, dass seitdem zahlreiche Fortschritte in der historischen und vor allem archäologischen Forschung zu verzeichnen sind und allein deshalb eine neue Studie rechtfertigen, so erlaubt eine kritische Durchsicht und Neubewertung der Schriftquellen sogar völlig neue Sichtweisen auf die Geschichte einer Region ohne eigene Geschichtsschreibung. So sind der berühmte Slawenaufstand von 983, in deren Folge die Bistümer Havelberg und Brandenburg für gut 150 Jahre untergingen, und folgende Ereignisse grundlegend anders verlaufen als bisher vermittelt. Ebenso sind zum nicht minder berühmten „Wendenkreuzzug“ des Jahres 1147 trotz zahlreicher Publikationen andere Perspektiven zu diskutieren.
Urkundenfälschungen führten darüber hinaus zu einem verzerrten Bild über die Länder östlich der Elbe. An anderen Stellen sind die oft kargen Informationen überinterpretiert worden. Damit wird auch das Bild der antichristlichen Lutizen und ihrer Vorläufer, der Wilzen, vielfach durch die neueren Forschungen revidiert: Die Lutizen waren Gegner und Partner der westlich benachbarten Sachsen in den Machtspielen ihrer Zeit, in denen ethnische und religiöse Grenzen öfter verschwammen als unsere moderne Historiografie dies wahrnehmen wollte.