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Rainer Thomas

Das Buch und die vier Ecken der Welt

von der Hülle der Thorarolle zum Deckel des Evangeliencodex

AutorRainer Thomas
QuelleSonstige Datenquellen
ISBN978-3-89500-709-5
Lieferbarkeitlieferbar
KatalogisatBasiskatalogisat
VerlagReichert, L
Erscheinungsdatum11.04.2011
Buch | Gebunden
98,00 €
inkl. 7% MwSt.

Beschreibung (Kurztext)

Ein englisches Sprichwort warnt: »Don’t judge a book by its cover.« Auf den Einband richten sich noch vor dem Öffnen die Blicke der Leser, die sich seinem Eindruck nur schwer entziehen. Ausgehend von der berühmtesten Bücherhülle der Spätantike, die die Langobardenkönigin Theodelinda um 600 der Basilika San Giovanni in Monza stiftete, gelingt es dem Autor, die Voraussetzungen der Entstehung des spätantiken Prachteinbands in der christlichen Auseinandersetzung mit der Verwahrung der heiligen Schriften im Judentum zu bestimmen.

Beschreibung (Langtext)

Starting with a detailed iconographic analysis of the four angles (gammadia) placed in the four corners of the book covers gifted by the Lombard queen Theodelinda to the basilica San Giovanni in Monza (ca. 600 a. D.) the study tries to reconstruct the historical process that led to the development of the book cover as a mirror of its content in early Christian art and established the four gospel codex as a medium representing the world. Special attention is paid to the relationship of Jewish and Christian book casing thereby taking account of the different types of books, scroll or codex, used in each religion for the writings of Holy Scripture. The development of the codex starting from low esteem in classical antiquity to highest regard as an object representing the world in late antique Christianity is told by the different images of the biblical books in art: at first scrolls enclosed in a bookcase, later open codices and at last closed codices. Parallels between these images and the use of gospel codices in a liturgical setting, especially a ceremony preparing for baptism called Expositio Evangeliorum, explain the change in the representation of the gospel from open book to closed codex. The book cover of the codex thereby functioned in a similar way to the doors of the shrine used to enclose the scrolls of the torah. In an epilogue the continuing interest in the iconography studied by the analysis of the Monza book covers is shown by a close look at the architecture of the new national library in Paris designed by Dominique Perrault.
Ausgangspunkt der Arbeit ist eine genaue ikonographische Analyse der als Gammadiae bezeichneten, winkelförmigen Motive in den vier Ecken der Buchdeckel, die die Langobardenkönigin Theodelinda um 600 an die Basilika San Giovanni in Monza stiftete. Anhand dieses Motivs wird der Prozess rekonstruiert, der in der frühchristlichen Kunst den Buchdeckel zum Spiegel des Buchinhalts werden ließ und den Vierevangeliencodex als ein Abbild der Welt inszenierte. Besondere Berücksichtigung findet dabei das Verhältnis von jüdischer und christlicher Buchverwahrung. Es entwickelte sich vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Buchformen, Rolle und Codex, die in den beiden Religionen zur Aufzeichnung der heiligen Schriften präferiert wurden. Der Weg des Codex von einer in der klassischen Antike als minderwertig angesehenen Buchform zum Repräsentationsobjekt im spätantiken Christentum wird anhand bildlicher Darstellungen der biblischen Bücher nachgezeichnet. Erscheinen diese im jüdischen Kontext in der Regel in der Form von Rollen im Thoraschrank an einem festen Ort innerhalb der Synagoge, versetzt sie das Christentum in Mobilität. Biblische Schriften werden als Rollen in einem Tragebehälter, der Capsa, zu Füßen des lehrenden Christus gezeigt, der selbst einen geöffneten, später auch geschlossenen Codex als Zeugnis seines Evangeliums in Händen hält. Parallelen im liturgischen Zeremoniell, insbesondere der im Rahmen der Taufe vollzogene Ritus der Expositio Evangeliorum, erklären die Entwicklung der Repräsentation des Evangeliums von einem zunächst stets geöffnet präsentierten Buch zum geschlossenen Codex. Dessen Buchdeckel konnte zunehmend die Funktion der Türen des Thoraschranks übernehmen. Die kosmologische Deutung der damit gleichgesetzten Bundeslade wurde auf den christlichen Buchdeckel übertragen, der sich als ein Medium etablierte, das zwischen Offen und Geschlossen, zwischen Bild und Wort vermittelt und gleichermaßen die Welt wie die heilige Schrift repräsentiert. Wie prägend dieses ikonographische Konzept für das abendländische Schriftverständnis wurde, zeigt der Epilog der Arbeit, der eine Brücke vom spätantiken Buchdeckel bis zu der von Dominique Perrault entworfenen Architektur der neuen Nationalbibliothek in Paris schlägt. Die Untersuchung erweist sich damit als fundamentaler Beitrag zur Debatte um die „Lesbarkeit der Welt“, eine Debatte, die angesichts des Entstehens allumfassender digitaler Bibliotheken gerade in Bezug auf die materielle Form des Buches höchste Aktualität besitzt.

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